Mittwoch, 31. Oktober 2012

Harald Fereberger - Interview mit einem 83jährigen Spitzbuben

Eine Regatta wie das Ecker Yachting 1000 Meilen Race hat viele Höhepunkte, über die es zu berichten gilt. Einer davon war für mich persönlich die Begegnung mit einem ganz besonderen Menschen: 
Harald Fereberger.

Geboren 1929 war er der österreichische „Messi“ des Segelsports, zu seiner Zeit ein nahezu unschlagbares Phänomen in allen Segelklassen und auf allen Revieren, ob auf Seen oder bei Inshore- oder Offshore-Rennen auf dem Meer.

Als Mitglied des Schiedsgerichts sollte er beim Ecker Cup für gerechte Entscheidungen sorgen. Zu viel bekam er aber nicht zu tun, vor allem beide Starts in Zadar und Kalamata gingen segeltechnisch einwandfrei über die Bühne. Den Rest der Reise genoss Harry in seiner ruhigen Art auf dem Begleitschiff. Wobei er wahrscheinlich schon manchmal gerne auf einem der Regattaboote mit dabei gewesen wäre.

Wir treffen uns in Alanya auf ein Gespräch und sehr bald schon erzählt er einfach nur. Fragen sind nicht nötig bei seinem Erfahrungs- und Anekdotenschatz, mit dem man mehrere Bücher füllen könnte.

Schon sein Vater war ein ausgezeichneter Segler gewesen und stellte dem sechsjährigen Harry ein Ruderboot auf den Traunsee. Nach und nach wurde dieses zur Segeljolle umfunktioniert: da kam ein Mast dazu, dann ein Schwertkasten, das erste Segel  wurde zum wohlgehüteten Schatz. Im Laufe der Jahre sollten dann viele verschiedene Boote und Yachten folgen, so segelte er O-Jollen, Finn, FD, Star, Soling, Yngling, H-Boote und Drachen, dazu Yachten in Offshore-Rennen wie dem Admiral´s Cup. Darauf angesprochen, warum er so oft auf andere Klassen umgestiegen und ob ihm das nicht schwer gefallen wäre, lacht er nur und rechnet mir vor, dass er in seiner langen Segelkarriere durchschnittlich 10 Jahre auf einer Klasse verbracht hätte - und da hat er recht, das ist dann doch wieder lang.

Bei Regatten „mitzusegeln“ ist untertrieben, Harry kam, besah sich das Revier („Das ist immer dasselbe, ein Berg, ein Tal, der Wind pfeift dazwischen durch!“) und siegte. Auf einer dieser Regatten fuhr er 30 Meter vor seinem stärksten Rivalen, bemerkte, dass dieser Probleme mit der Großschot hatte, fuhr in den Wind und wartete bis der Gegner wieder 30 Meter an ihm heran war, bevor er weiter- und natürlich als Erster über die Ziellinie segelte.

Insgesamt 37 Staatsmeistertitel brachte er so nach Hause, dazu einige Europa- und Weltmeistertitel. Harry nahm an den Segelbewerben der Olympischen Sommerspiele 1952, 1960 und 1972 teil, gemeinsam mit anderen bekannten Segelgrößen wie Harald Musil und Franz Eisl.

Was macht man mit all den Pokalen und Medaillen, die sich da angesammelt haben? Zusätzlich mit den vielen Auszeichnungen, die schon sein Vater erhalten hatte, hat Harald Fereberger den Hauptteil in Kisten im Keller verstaut. Nur einige Lieblingsstücke habe er im Wohnzimmer stehen. Das macht mich neugierig. Bei so vielen Siegen, welcher war denn der, an den er sich am liebsten zurückerinnern würde, welcher Pokal erhielt den Ehrenplatz?

Da überlegt Harry nicht lange: „Den liebsten Pokal habe ich gar nicht selbst gewonnen. Und auch mein Vater nicht. In unserem Segelclub gab es zur Zeit meines Vaters einen ausgezeichneten jüdischen Segler. Sein Name war Natter. Vor dem zweiten Weltkrieg bekam dieser große Schwierigkeiten und sollte auch aus dem Club geworfen werden. Mein Vater hat sich immer für ihn eingesetzt. Jahre später, schon nach dem Krieg, hat sich der Natter wieder gemeldet und gemeint, er hätte einmal bei einer Clubregatta den sogenannten Freundschaftspokal gewonnen, dass dieser aber meinem Vater – einem echten Freund – gebühren würde.“

So hat der Segler Natter dem Segler Fereberger Senior seinen Freundschaftspokal vermacht – und dieser hat noch heute seinen Ehrenplatz im Hause und im Herzen von Harald Fereberger.

Mit seinem Vater ist Harry übrigens nie gesegelt, hat sich von ihm keine Tricks abschauen können, sondern sich alles selbst beigebracht – um dann bei ein paar Regatten den alten Herren zu schlagen, was diesem natürlich gar nicht recht war. Die Mutter zu Hause musste die Wogen dann vorsichtig glätten, stolz auf den Buam, das aber lieber nicht zu öffentlich, um den Hausfrieden nicht zu gefährden.

Auf die Frage, was seine liebste Disziplin wäre, „Staberl“-Wettfahrten oder Offshore-Regatten, dreht er sich leicht um und besieht sich die in Alanya eingegangenen Yachten vom Ecker Yachting 1000 Meilen Race. Mit einem Leuchten in den Augen erklärt er mir dann, dass ihn die Hochsee schon immer mehr gereizt habe, weil da so viel mehr mitspielen würde: die richtige Taktik, aber auch Ausdauer, Wetter- und Navigationskenntnisse. Deshalb würde ihm auch der Ecker Cup so gut gefallen, weil da wirklich alles mit dabei wäre. Dann spricht er allen Teilnehmern seine große Anerkennung aus. Denn da segelten ja keine Profis, da segelten Amateure – und das durchs ganze Mittelmeer unter schwierigsten Bedingungen.

In seiner spitzbübischen Art erzählt mir Harry zum Schluss, dass er es vor drei Jahren noch einmal wissen wollte und zwei etwa gleichaltrige Segelkameraden dazu überreden konnte, bei einer Regatta mitzufahren. Die zusammen über 240jährige Crew sorgte wohl für einiges Aufsehen am See. Gewonnen haben sie nichts und Harald will in Zukunft auch lieber nur noch privat segeln gehen. Über diesen Entschluss werden sich wohl so manche Segler freuen, die in ihm einen harten, aber immer fairen Gegner gefunden hatten.

Vielen Dank an Harald Fereberger für seine Zeit und seinen Einsatz beim Ecker Yachting 1000 Meilen Race 2012 und für unser Gespräch! Ich hätte dir noch stundenlang zuhören können!

Foto: Georg Gindl

Union Yachtclub Traunsee - Ehrentafel:
http://www.uyct.at/der-club/ehrentafel.html

Youtube-Fundstück von den Segelbewerben bei den Olympischen Sommerspielen in Rom 1960:


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